Konzeptuelle Tendenzen in der tschechischen und slowakischen Kunst der 1960er und 1970er Jahre
Mit dem Kerngedanken konzeptueller Kunst, die Idee über die materielle Ausführung des Kunstwerks zu stellen, formulierte in den 1960er Jahren eine neue Generation von Kunstschaffenden ihre Kritik am Modernismus und brach mit den traditionellen Medien der Malerei und Skulptur. Dieser Prozess der Konzeptualisierung von Kunst wurde zunächst im US-amerikanischen Raum als Conceptual Art theoretisiert. Die Forschung der letzten Jahre hat jedoch gezeigt, dass es sich nicht um einen regional einzugrenzenden Stil handelt, sondern um ein globales Phänomen, dessen Ausformungen sich stark durch ihren jeweiligen geopolitischen Kontext unterscheiden.
Mit dem Ziel die besonderen Charakteristika konzeptueller Kunstpraxis unter den Bedingungen des Sozialismus herauszuarbeiten, widmet sich die Dissertation der Kunstproduktion in der ehemaligen, unter kommunistischer Führung stehenden Tschechoslowakei. Dabei nimmt sie zwei Dekaden in den Blick, die durch eine jeweils besondere politische und gesellschaftliche Situation bestimmt sind: zum einen die Mitte der 1960er Jahre einsetzende Liberalisierung, die im Prager Frühling kulminierte, und zum anderen dessen Niederschlagung und die darauffolgende Phase der „Normalisierung“ in den 1970er Jahren.
Künstler*innen aus Osteuropa teilten mit ihren westlichen Kolleg*innen die Grundauffassung konzeptualistischen Arbeitens: eine kritische Haltung gegenüber dem Kunstobjekt als manuell hergestelltes, nicht reproduzierbares Werk. Neue Medien und Reproduktionstechnologien kamen zum Einsatz und eine verstärkt situative und performative Praxis zeichnete sich ab. Kunst als Mittel der Kommunikation und Distribution und die Abwertung traditioneller künstlerischer Fertigkeiten trugen zu einer Demokratisierung künstlerischer Produktion bei: Jede*r konnte, unabhängig von handwerklichen Fähigkeiten, Kunst machen. Unter sozialistischen Bedingungen hatte dies eine ganz spezifische politische Bedeutung. Konzeptuelle Kunst stellte ein Werkzeug dar, sich der Kontrolle und Zensur durch den staatlichen Apparat zu entziehen und sich abseits der offiziellen Doktrin des sozialistischen Realismus zu positionieren.
Die Dissertation gliedert sich um die drei Kunstzentren Prag, Brünn und Bratislava. Ein besonderer Fokus liegt auf den Arbeiten der Prager Performancekünstler Petr Štembera und Karel Miler, auf dem Brünner Kreis konzeptueller Künstler um Jiří Valoch und J.H. Kocman und in Bratislava auf den Positionen Július Kollers und Stano Filkos.
Österreichische Akademie der Wissenschaften
(DOC-Stipendium)