Veranstaltung

Ambiguität in der Kunst. Typen und Funktionen eines anhaltend aktuellen Topos

Symposium

Zeitgenössische Kunst scheint kaum je über eine eindeutige Aussage zu verfügen. Die Auslegung dieser Arbeiten ist dominiert von einer Terminologie, die Vieldeutigkeit, Ambivalenzen, Unentschiedenheit oder gar werkimmanente Widersprüche betont. Gerade solchen Positionen wird hohe künstlerische Qualität und Aktualität attestiert, die sich der eindeutigen Interpretation entziehen. Der Topos der Vieldeutigkeit ist in der Kunstwissenschaft wie im Kunstbetrieb ubiquitär. Gleichwohl – oder vielleicht gerade deshalb – wird er bislang kaum reflektiert.

Ambiguität ist mehr als ein Topos der Kunstkritik und auch nicht nur ein Spezifikum der Gegenwartskunst. Kulturtheoretikern gilt sie als bestimmendes Charakteristikum der gesamten modernen Kultur und Gesellschaft. Die Künste sind dabei der Ort, an dem sich ambige Strukturen und ambivalente Rezeptionsweisen besonders deutlich artikulieren, dies freilich in einem ständigen historischen Wandel. Schon im Mittelalter und der frühen Neuzeit hat es künstlerische und rezeptionsästhetische Modelle der Mehrdeutigkeit gegeben. In der Zeit um 1800, als Goethe, Schlegel und Novalis die Rätselhaftigkeit und Mehrdeutigkeit zum Qualitätsmerkmal erhoben, wurde Ambiguität zum ästhetischen Paradigma. Seit den 1960er Jahren setzte sich mit Ecos Terminus des „offenen Kunstwerks“ die Auffassung durch, dass Ambiguität konstitutiv für den Kunstcharakter eines Werks schlechthin sei. Theoretiker der Postmoderne haben das Vieldeutige über den ästhetischen Diskurs hinaus universalisiert. Aktuell diskutierte Konzepte wie das der Hybridität schließen an diesen Diskurs an.

Das Symposium bietet Gelegenheit, die Vielzahl der Aspekte des Themas – Produktions- und Rezeptionsästhetik, Kunsttheorie und künstlerische Praxis, Ambiguität als Paradigma der Kunstkritik und kunstgeschichtlicher Forschung – einer Zusammenschau zu unterziehen.

Donnerstag, 5. März 2009

Eröffnung

14:00 Uhr
Begrüßung durch Rektor Dr. Gerald Bast

14:15 Uhr
Verena Krieger (Wien)
„At war with the obvious“ – Kulturen der Ambiguität. Historische, psychologische und ästhetische Dimensionen des Mehrdeutigen.

Ambiguität im Mittelalter und der frühen Neuzeit
Moderation: Marianne Koos (Fribourg)

15:00 Uhr
Silke Tammen
(Gießen)
Wahre Bildnisse im Gebüsch, wahre Reliquien im Reliquiar: ein janusköpfiges Reliquiar aus dem Kathedralschatz von Palma (Mallorca) aus der Mitte des 15. Jahrhunderts – Gedanken zur Ambiguität mittelalterlicher Reliquiare

16:30 Uhr
Valeska von Rosen
(Bochum)
Strategien der Ambiguität im frühneuzeitlichen Sammlerbild

17:30 Uhr
Daniela Hammer-Tugendhat
(Wien)
Tournez s‘il vous plaît! Transkriptionen einer Rückenfigur Gerard Ter Borchs

19:00 Uhr
Oskar Bätschmann
(Bern)
Zeigen und Verbergen in Bildern


Freitag, 6. März 2009

Ambiguität als Signum moderner und zeitgenössischer Kunst
Moderation: Wolfgang Brückle (London) und Johanna Schwanberg (Linz/Wien)

10:00 Uhr
Reinhard Wegner (Jena)
Von Kipp-Figuren und Klapp-Bildern. Ambiguität um 1800

11:00 Uhr
Regine Prange
(Frankfurt am Main)
Sinnoffenheit als metapicturales Prinzip der Moderne. Die Rückenfigur von Friedrich bis Godard

14:30 Uhr
Brigitte Borchardt-Birbaumer
(Wien)
Schamanismus oder postmodernes Verfahren? Zur Funktion der Unbestimmtheit bei Beuys

16:00 Uhr
Philip Ursprung
(Zürich)
‚Two-Way Mirror’ – Dan Grahams Ambivalenz

17:00 Uhr
Tobias Vogt
(Berlin)
Paradoxien der Erleuchtung. Jeff Koons vs. Pablo Picasso


Samstag, 7. März 2009

Ambiguität als Wertbegriff und Paradigma
Moderation: Sabeth Buchmann (Wien)

09:30 Uhr
Dario Gamboni
(Genève)
Morphogenese und Metamorphose: Ambiguität vor, in und nach dem Werk

10:30 Uhr
Rachel Mader
(Zürich)
Produktive Simulationen. Über Ambivalenz in der zeitgenössischen Kunst am Beispiel von Neo Rauch, Aernout Mik und Santiago Sierra

12:00 Uhr
Tom Holert
(Berlin/Wien)
Wozu Ambiguität? Epistemologische und politische Überlegungen zu Uneindeutigkeiten in der Gegenwartskunst

2009 Ambiguität 0 2009 Ambiguität 2009 Ambiguität 3 2009 Ambiguität 1 2009 Ambiguität 7 2009 Ambiguität 8 2009 Ambiguität 6 2009 Ambiguität 2 2009 Ambiguität 10 2009 Ambiguität 9
Donnerstag, 5. März – Samstag, 7. März 2009

10:00–18:00 Uhr

Aktsaal (Altbau, 2.Stock)

Universität für angewandte Kunst Wien
Oskar-Kokoschka-Platz 2, 1010 Wien

Konzept

Univ.Prof. Dr. Verena Krieger, Universität für angewandte Kunst Wien
Dr. Rachel Mader, Institut für Gegenwartskünste IFCAR Zürich

Ausstellung

Während der Tagung werden im Aktsaal künstlerische Arbeiten von Lehrenden der Universität für angewandte Kunst Wien gezeigt:
Johanna Kandl, Barbara Putz Plecko, Gabriele Rothemann, Erwin Wurm und anderen.

Programm
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Vortrag Verena Krieger: Ambiguität
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