An der Schwelle. Liminalität in Theorie und kunsthistorischer Praxis
Call for Papers für die 20. VöKK Tagung
Welche Rolle spielt Liminalität in der kunsthistorischen Forschung? Welche künstlerischen Formen repräsentieren paradigmatisch liminale Situationen? Welche rites de passage überwinden Kunstwerke auf dem Weg ins Museum oder in eine Sammlung? Inwiefern ist der Erhalt des Schwellenzustandes eines Objekts geradezu sinnbildlich für die Denkmalpflege? Oder: Eröffnen bestimmte kuratorische Praxen Schwellenräume zwischen künstlerischer Produktion und Rezeption?
Die 20. VöKK Tagung fragt unter dem Titel „An der Schwelle. Liminalität in Theorie und kunsthistorischer Praxis“ nach Zwischenräumen und Übergängen sowohl als Thema in der Forschung als auch als Herausforderung in diversen kunsthistorischen Berufsfeldern. Somit wendet sich dieser Call explizit an Mitglieder aller Kurien des VöKK sowie internationale Kolleg*innen aus Forschung, Denkmalpflege, Museen, freien Berufen und an fortgeschrittene Studierende. Der Begriff der Liminalität ist hier bewusst breit gefasst, um neben theoretischen Diskursen auch Raum für Beispiele aus der kunsthistorischen Praxis zu öffnen und so den Austausch zwischen den unterschiedlichen Berufsbildern zu intensivieren.
Seit der Prägung des Begriffs der Liminalität durch den Kulturanthropologen Victor Turner in den späten 1960er Jahren wurde dieser in verschiedenen Forschungsfeldern immer wieder diskutiert und adjustiert und scheint gegenwärtig wieder aktueller denn je zu sein. Signifikante Analysen von sich derzeit verändernden politischen und soziokulturellen Konstellationen lesen sich, wenig überraschend, mitunter wie direkte Beschreibungen des Phänomens von Liminalität: Gesellschaftliche Umwälzungen und individuelle Statusänderungen verbinden sich mit Irritationen und Herausforderungen, Gefährdungen oder gar Bedrohungen von individuellen Situationen und sozialer Ordnung. Damit eröffnen sich labile Zwischenräume außerhalb der gewohnten Strukturen, wovon ganze Gesellschaftsgruppen in diversen Kulturen betroffen sind. Inzwischen etablierte sich der Begriff der Liminalität in verschiedenen Ansätzen der Kulturwissenschaften, etwa neben der Anthropologie besonders in den Literatur- und Medienwissenschaften und wurde zum Angelpunkt in diversen propagierten turns, wie z.B. im performative turn, im postcolonial turn und im spatial turn. Für die Kunstwissenschaften sollen an der Tagung sowohl grundlegende Aspekte des Konzeptes von Liminalität, als auch spezifische Bereiche auf ihr Potential hinsichtlich von Schwellenerfahrungen thematisiert werden.
Folgende Fragestellungen und Themenbereiche können diskutiert werden: Inwiefern ist das von der Ritualforschung entwickelte Konzept der Liminalität auf die Analyse künstlerischer Objekte oder Strategien übertragbar? Wäre nicht die Kunstproduktion selbst bzw. die aktuelle Disziplin des künstlerisch-wissenschaftlichen Forschens, die an unterschiedlichen Wissensformen partizipiert und gewissermaßen im „Dazwischen“ agieren muss, zwischen etablierten und zukünftigen Ausdrucksformen zu verorten? Welche Arten von Grenzüberschreitungen werden durch Kunstwerke exemplarisch thematisiert? Und: Lassen sich Avantgarden, historische und zeitgenössische, als ein Weiterdenken in liminalen Kategorien beschreiben? Welche künstlerischen Positionen stehen hierfür exemplarisch? Inwiefern können subversive künstlerische Akte Grenzen in der Gesellschaft verschieben? Wenn Liminalität einen Schwellenzustand zwischen der gewohnten soziokulturellen Struktur und einer neuen, zunächst noch unbekannten Umgebung bedeutet, kann Kunst diese zukünftige Umgebung visionär antizipieren?
# Theorien der Liminalität/Liminal Theories
# Ikonographien der Liminalität/ Iconography of Liminality
# Ästhetiken der Liminalität/Aesthetics of Liminality
# Kunst als Erfahrung des Liminalen/Art as experience of liminality
# Künstlerisches Forschen als liminales Forschen/Artistic Research as liminal experience
# Liminale Körper/Liminal bodies
# Liminale Räume/Liminal spaces
# Liminale Objekte/Liminal objects
Wir freuen uns auf Bewerbungen für 20 minütige Beiträge (auf Deutsch oder Englisch) aus allen Berufsfeldern bis 30. Jänner 2019. Die Zusage der Teilnahme erfolgt bis spätestens Ende Februar 2019.
Reisekosten und Unterkunft der Referent*innen können – nach Maßgabe der eingeworbenen Förderungen – vom VöKK unterstützt werden. Die Beiträge sollen als online-Publikation herausgegeben werden.
Die 20. VöKK Tagung findet von 3.–5. Oktober 2019 im Atelierhaus der Akademie der bildenden Künste Wien statt.
Bitte senden Sie Abstract (max. 400 Wörter) und Kurzbiografie per E-Mail an: liminalitaet@voekk.at