Ausstellung

„Sonderfall“ Angewandte. Im Fokus – Eine Gedenkinitiative

Ausstellung Schaukasten: Fritz Janeba, Krieg I, II und III, 1941

Im Jahr 1968 demonstrieren Studierende in Wien gegen Professor*innen, die nach wie vor NS-Doktrinen anhängen. Zugleich beginnt man sich vereinzelt zu erinnern, wen man durch die „Vertreibung des Geistigen“ verloren hat. Das geht auch an der Angewandten nicht spurlos vorüber. Hier lehrt Fritz Janeba, der nach 28 Jahren im Exil unter enormen bürokratischen Hürden die Architekturklasse von Franz Schuster von 1967 bis 1977 übernommen hat. Gemeinsam haben sie bei Oskar Strnad an der Kunstgewerbeschule studiert: Schuster allerdings wirkt von 1937 bis 1966 als Professor, ist NS-Profiteur und maßgeblich an der ideologischen Ausrichtung der Angewandten beteiligt.
Janeba hingegen verlässt Österreich 1938, ist überzeugter Antifaschist und Kriegsgegner. Seine Freundin und Studienkollegin, die Keramikerin Käthe Pollak (1906–1985) ahnt, dass für sie als Jüdin die Lage in Österreich unhaltbar wird. Beide beschließen, Europa zu verlassen und gehen unter nervenaufreibenden Umständen nach Australien.
Nach sehr bescheidenen Anfängen kommen bald ansehnliche Architekturaufträge, seine malerischen Arbeiten kann Janeba mit Erfolg ausstellen. Die Aquarellserie Krieg I–III fällt mit dem Kriegseintritt Australiens 1941 zusammen. Ihre farbintensive, abstrahiertanthropomorphe Formensprache zeugt unmissverständlich von Janebas Entsetzen über den Krieg. Zudem wird es ihm unmöglich gemacht als Architekt zu arbeiten, da das gut integrierte Ehepaar aufgrund des Kriegsgeschehens plötzlich als „Enemy Aliens“ gilt. Sie gründen gemeinsam eine Keramikwerkstatt und kommen gerade so über die Runden.
In Warrandyte beginnen sie, teils mit eigenen Händen, ihr in vieler Hinsicht außergewöhnliches Haus zu bauen.
Janeba wird 1944 australischer Staatsbürger und 1947 an die University of Melbourne berufen, wo er das Architekturstudium reformiert und auf internationales Niveau bringt. Durch seinen Ruf als hervorragender Lehrer wird die UNESCO auf ihn aufmerksam und betraut ihn 1962 mit der Professur für Architektur an der Middle East Technical University Ankara.
1967 folgt der Ruf nach Wien, wenngleich mit der zynischen Auflage, auf die Pensionsansprüche aus der Professur zu verzichten. Trotz dieses für den österreichischen Umgang mit Vertriebenen bezeichnenden Angebots gewinnt die Angewandte einen weltoffenen Pädagogen mit humanistischem Engagement, der auch bei der 68er-Student*innenschaft Anerkennung genießt.
Der künstlerische Nachlass sowie auch autobiografische Schriften befinden sich dank des Architekten Heiner Fürst und des Fotografen Thomas Römer im Universitätsarchiv der Angewandten.

Konzept: Sophie-Marie Geretsegger

Gestaltung: Robert Müller

Fritz Janeba Wien 1905 1983 Wien Krieg I
Fritz Janeba, Krieg I, II und III (1941) Aquarell / Karton, IN 4454/1–3 Fotografien und Archivalien aus dem Nachlass Fritz Janeba, Archiv der Universität für angewandte Kunst Wien.
Fritz Janeba Wien 1905 1983 Wien Krieg II Fritz Janeba Wien 1905 1983 Wien Krieg I II und III
Universität für angewandte Kunst Wien

Vordere Zollamtsstraße 7, 1030 Wien
Schaukasten Foyer (Haupteingang)